Am Anfang ist das Holz. Warm und weich und lebendig ist es, von Mutter Erde in Jahrhunderten großgezogen…

Eva Herweg (40) nimmt eines der keilförmigen Bretter aus dem Regal, streicht mit den Fingern darüber, sachte, fast zärtlich sind ihre Bewegungen. Dann klopft sie mit den Fingerknöcheln darauf, hält das Holz dabei an ihr Ohr, und, ja – das aufblitzende Blau ihrer Augen verrät es bereits –, „das klingt herrlich “. Schon mal nicht schlecht. Doch für eine Meistergeige braucht es weit mehr: Erfahrung und Können. Geduld und gute Ohren. Und – das ganz besonders – „sehr viel Zeit. So ein Instrument baut man wie vor 300 Jahren“, sagt die Geigenbaumeisterin, „mit den Händen. In 200 Arbeitsstunden und mehr als 100 Arbeitsschritten“.

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Feine Zähne arbeiten sich voran, lassen einen ersten Umriss erahnen, dann schließlich die komplette Form. Nun schweigt die Säge, und das Abstecheisen arbeitet, geführt von Evas kundiger Hand. Sie arbeitet die Wölbung des Geigenbodens heraus, ein rhythmisches Zischen, das Gesicht der Meisterin ist konzentriert, bloß nicht zu tief stechen, „sonst ist der Klang ruiniert“. Und dazwischen: immer wieder klopfen, lauschen, korrigieren – mittlerweile mit ganz feinen Eisen; es sind Zehntelmillimeter, die entscheiden, wie die Geige später klingt. Exakt gleiten die Klingen über das Holz, und wie gekringelte Schneeflocken rieseln feine Späne auf den Boden, bedecken ihn, dämpfen jeden Schritt, doch noch immer ist Eva nicht zufrieden.